Studiennachmittag (15. Juni 2016): Hegels Gesellschafts- und Religionsphilosophie

mit Paul Cobben (Tilburg) / Arthur Kok (Tilburg) / Stefan Bird-Pollan (Kentucky)

Im Zuge des Forschungsseminars „Hegels Wissenschaft der Logik“ gaben Paul Cobben, Stefan Bird-Pollan und Arthur Kok den Seminar-TeilnehmerInnen sowie den DiplomandInnen und DissertantInnen des Fachbereichs einen Einblick in Hegels Gesellschafts- und Religionsphilosophie.

Der Vortrag von Arthur Kok (Universität Tilburg) „Hegels Religionskonzept und die Frage einer multi-kulturellen Gesellschaft“ präsentierte den Versuch einer Konfrontation von Hegel und Rawls. Basierend auf der Phänomenologie des Geistes wurde die bei Hegel zu findende systematische Entwicklung von Moralität, Religion und Philosophie als ein Aspekt erkannt, der in Rawls’ Theorie fehlt. Ein entscheidender Aspekt bestand in der Aufstellung einer Analogie zwischen der Relativierung der eigenen doctrine als Schritt zur Vernunft bei Rawls und der Rolle der Religion als eines unverzichtbaren Vermittlungsschrittes in der Entwicklung des Begriffes bei Hegel.

Der Vortrag von Stefan Bird-Pollan (University of Kentucky) „Thinking Through the Negative. Adorno’s Reading of Hegel“ befasste sich mit der Aufnahme und der Kritik Hegels durch Adorno. Die Kritik Adornos an Hegel beziehe sich, so die These, auf die zu starke Betonung des Subjekts gegenüber dem Objekt, während Adorno das Subjekt nicht als dem Objekt vorrangig, sondern beide als einander konstituierende Elemente denke, die jedoch vor allem als geschichtlich gewordene Größen verstanden werden müssten. Die geschichtliche Dimension von Hegels Denken anerkennend sei deshalb dennoch ein „pathologisches Identitäts-Denken“ bei ihm am Werk, das die Rolle des Nicht-Identischen, welches das Negative der Erkenntnis bleibt, nicht genügend würdige.

Paul Cobben (Universität Tilburg) hielt den Vortrag „Die Bedeutung der Religion in den Grundlinien aus der Sicht der Phänomenologie des Geistes“, in dem er der Frage nachging, worin die Rolle der Religion für die Verwirklichung der Freiheit in Hegels Grundlinien der Philosophie des Rechts bestehe. Cobben entwickelte zahlreiche Analogien zwischen den Stufen der Verwirklichung des Selbstbewusstseins in der Phänomenologie des Geistes und in der Hegelschen Rechtsphilosophie. Schließlich könne, so Cobben, aus der Entwicklung von der Kunstreligion über die offenbare Religion bis zum absoluten Wissen in der Phänomenologieeine analoge Lesart für die Entwicklung von der Familie über das System der Bedürfnisse bis zum Staat in der Rechtsphilosophie gewonnen werden.