Leitbild

Das Fach THEOLOGISCHE GRUNDLAGENFORSCHUNG (Fundamentaltheologie) sucht sein Selbstverständnis in einer RELIGIONS-, KULTUR- UND ERKENNTNISKRITISCHEN THEOLOGIE, die offen ist für die Fragen, Aporien und Nöte des Menschen unserer Zeit.

Eine besondere Aufgabe liegt angesichts der Situierung in einer multikulturellen, multireligiösen und weltanschaulich vielfältigen Welt im Beitrag für einen PLURALEN NARRATIV Europas als Kairos gegenwärtigen Christentums. Theologie steht vor der Herausforderung, die Verletzlichkeit, Entzogenheit, Fraglichkeit und HEILIGKEIT des Lebendigen wahrzunehmen. Dadurch soll in all seinen Entstellungen und Verletzungen – positivistischer, praktisch-technischer, gesellschaftlich-sozialer Art – das Menschliche (an)erkannt werden, insofern es zu Gast ist am (göttlichen) Fest des Lebens als Sinn der Geschichte.

Unter diesem Vorzeichen steht das Leitmotiv des Faches:

CHRISTENTUM ALS PROJEKT EINES NEUEN HUMANISMUS
SINNERSCHLIESSUNG DER GESCHICHTE IN DEN GASTLICHEN TEXTUREN DES "HEILIGEN"

Der Versuch kritischer THEOLOGISCHER und RELIGIONSPHILOSOPHISCHER Reflexionen leitender Narrative des Menschlichen in den Bedrohungen unserer heutigen Geschichte (atomare Bewaffnung, ökologische Krise, sozialer Ausschluss, Verschwinden der Sprachenvielfalt, Virtualisierung der Lebenswelten, Ersetzung des sterblichen Lebens durch nicht sterbliche Maschinen etc.) führt zu einer SPURENSUCHE DES HEILIGEN in seinen biblischen Texturen und den von ihnen inspirierten philosophischen, ästhetischen und religiösen Fortschreibungen. Dahinter steht die zu entfaltende These, dass der Mensch bzw. das Leben in Texturen des Heiligen (neu) geschaffen wird, und zwar nicht zuletzt in deren „Gastlichkeit“, die, sich jeder theoretischen, praktischen und ästhetischen Handhabe entziehend, den Menschen vor das offene, heilige Geheimnis der Wirklichkeit stellt.

Für ein christliches Gedächtnis der Geschichte unabdingbar ist der DIALOG MIT DEM JUDENTUM, der eine weitere Säule des Instituts darstellt. Das Verhältnis zu Israel ist für das Christentum von entscheidender Bedeutung, weil Israel als das zuerst und bleibend erwählte  Bundesvolk einzigartige Heilsbedeutung hat. Israel hält das Messiasgeheimnis offen und damit den messianischen Impuls, dass ein anderes als das gegenwärtige Leben möglich ist. Die Stellung zum Judentum führt wirksame politische Konsequenzen mit sich, die für die europäischen Gesellschaften nach der Shoa auch gegenwärtig von höchster Aktualität sind.

Zur Kultur des Wiener Faches gehört der Versuch, ORT GASTLICHER BEGEGNUNG zu sein: Dazu lädt es zusätzlich zum institutionalisierten Lehrbetrieb zu Lesekreisen ein. Weiters legt es einen Schwerpunkt in die Betreuung von Dissertationen und Diplomarbeiten, wobei der intensive inhaltliche und menschliche Austausch zwischen Lehrenden und Studierenden verschiedener Sprachen, Kulturen und Disziplinen entscheidend zur Entwicklung und zum Charakter der Forschungsstätte beitragen. Einen dritten Schwerpunkt der gastlichen Entwicklung bilden die internationalen und interdisziplinären Kontakte sowie die regelmäßig stattfindenden Symposien, zu denen Forscher/innen aus ganz Europa eingeladen werden.