Gastvortrag „Hegels Konzept der Religion und seine hermeneutische Funktion“ von Maurizio Pagano, 25.11.2015
Im Zuge des Forschungsseminars „Hegels Wissenschaft der Logik: Die Lehre vom Wesen. Die Erscheinung“ gab Maurizio Pagano, Professor für Philosophie der Kommunikation an der Universität Piemonte Orientale in Vercelli und führender Hegel-Experte in Italien, den Seminar-TeilnehmerInnen, sowie den DiplomandInnen und DissertantInnen des Fachbereichs einen Einblick in die Entwicklung von Hegels Konzept der Religion. Er erläuterte die Transformation von Hegels Religionsverständnis anhand der Analyse seiner vier Vorlesungen zur Religionsphilosophie, insbesondere anhand des sich verändernden Verhältnisses der beiden Momente der Erklärung der Wahrheit religiöser Erfahrung und der logischen Beschreibung ihrer Eigenschaften. Dabei war Hegel einerseits daran gelegen, die vorherrschende theologische Position seiner Zeit, welche Religion allein auf die subjektive Erfahrung reduziert und somit ein Wissen von Gott und ein Festhalten an objektiven Glaubensinhalten ausschließt, zurückzuweisen, andererseits die oftmals gesetzte Opposition von Gott und menschlichem Bewusstsein, damit auch von Endlichem und Unendlichem, dialektisch aufzuheben. Dies sieht er im Christentum als der „vollendeten Religion“ vollbracht, in dem sich in der Inkarnation des Logos sowie in dessen Kreuzigung und Auferstehung Endliches und Unendliches versöhnen. Als Geist ist Gott sodann kein jenseitiges Objekt mehr, sondern unendliche Subjektivität, welche in den einzelnen Subjekten selbst präsent und wirksam ist. So weiß sich das Subjekt selbst als Moment des universalen Geistes, insofern es sich im ethischen Handeln und der Philosophie, welche er als Kontemplation des göttlichen Lebens des Geistes und somit als Höhepunkt des Kultes betrachtet, über die egoistischen Aspekte seiner individuellen Partikularität erhebt, ohne dabei seine Singularität zu negieren.