Forschungsprojekte von em. o. Univ.-Prof. DDr. Johann Reikerstorfer
Forschungsschwerpunkt Das „Universalisierungsproblem“ der Fundamentaltheologie im Pluralismus der Religions‐ und Kulturwelten
In den Herausforderungen einer globalisierten Welt an das Christentum heute, an die Kirche wie überhaupt an das neue Europa muss die Theologie den Glauben auch in seiner vernunfttheoretischen Relevanz bedenken. Denn der biblische Glaube weiß sich in seinem Gottesgedächtnis auf ein bestimmtes Menschengedächtnis verpflichtet, das die sogenannte "Theodizeefrage" mit ihrem Gerechtigkeitspathos für die Opfer ungesühnter Leiden aus sich hervortreibt und sich in andere Religions‐ und Kulturwelten hinein entgrenzen lässt. Das Potential dieser Universalisierung verblasst jedoch in einer Kultur, die im Hang zur Historisierung, Psychologisierung und Ästhetisierung das geschichtliche Gedächtnis aus sich verdrängt. Deshalb gilt es in pluralistischer Öffentlichkeit dieses biblische "Geistangebot" zu entdecken, das gegen die Gefahren der heraufziehenden Weltgesellschaft eine aufgeklärte Anerkennungskultur zu inspirieren, zu stützen und zu schützen vermag.
Forschungsschwerpunkt Die „Lebensmystik“ bei Meister Eckhart
Das Werk Meister Eckharts scheint über philosophische und theologische Kreise hinaus immer mehr Anklang zu finden. Indem Eckhart von der "Geburt der Seele" im "Abgrund Gottes" spricht, verleiht er dem Immanenzgedanken in einer "experimentellen" Theologie auch praktische Konsequenzen, ohne auf ekstatische Erlebnisse oder psychologische Einheitserfahrungen zurückgreifen zu müssen. Die Eigenart dieser "Lebensmystik" gilt es in einer gesellschaftsorientierten Fundamentaltheologie zu entdecken und in sie zur Erfassung der subjekthaften Basis theologischer Rede einzubringen.
Forschungsschwerpunkt Wiener Theologische Schule des 19. Jahrhunderts (um Anton Günther)
In Fortführung bisheriger Studien soll dieses theologisch weithin immer noch verkannte Erbe der Theologiegeschichte in der offensiven Begegnung mit neuzeitlichen Systemgestalten "spekulativen Denkens" in den Gegenwartsdiskurs eingeführt und entsprechend verankert werden. Das fundamentaltheologische Interesse an dieser herausragenden Schule gilt vor allem dem entwickelten Grundkonzept von Offenbarung (in wechselseitiger Immanenz von Schöpfung und geschichtlicher Erlösungsoffenbarung). Die geschichtliche Vermittlung von Natur und Gnade, von Vernunft und Offenbarung, von Wissen und Glauben will uns als ein theologisch noch nicht hinreichend gewürdigtes Grundmotiv dieser theologiegeschichtlich herausragenden Schule erscheinen. Eine Studie zum Offenbarungskonzept A. Günthers ist in Vorbereitung.