Exkursion im Rahmen des Seminars Theologie - Architektur - Ästhetik Sakralbau in Wien seit 1900
Am Samstag den 2. Dezember unternahm die engagierte Seminargruppe einen Ausflug, um die neuere sakrale Architektur Wiens nach verschiedenen Vorträgen und der Lektüre von Texten, die einen theoretischen Rahmen bilden sollten, auch ganz konkret zu erfahren. Die ausgewählten Kirchenbauten befanden sich im Westen Wiens und wiesen ganz unterschiedliche konzeptionelle Zugänge zur Architektur auf, die sich in entsprechend diversen Raumerlebnissen niederschlug.
Zunächst wurde die Pfarre Oberbaumgarten mit der Kirche zu den vier heiligen Evangelisten angesteuert, die der Architekt Georg Gsteu von 1960-65 entwarf und realisierte. Ein eindrucksvoller Innenraum kennzeichnet diese Kirche, die den Feiernden und Besuchern durch überkreuzte Lichtfensterstreifen eine transformierte Raumerfahrung ermöglicht und durch eine gelungene Juxtaposition von Parkett und Holzinterieur mit archaisch anmutenden Betonelementen besticht.
Die Kirche zum Heiligsten Geist in Ottakring, ein Werk von Jože Plečnik, überrascht insbesondere durch den Übergang von beinahe schroffer, klassische Formen von ferne zitierender Betonfassade mit auffälligem Glockenturm am Giebel und einem vom Jugendstil geprägten hellen Innenraum. Besonders ins Auge fällt das monumentale Mosaik mit den sieben Gaben des Geistes, das ein herkömmliches Altarbild ersetzt und die unkonventionelle Krypta, die traditionelle Gestaltungselemente in modernisierter, radikalisierter Form anbietet, so etwa grottenartige Andachtskapellen und ein glühend rot beleuchtetes heiliges Grab. Dieses Bauwerk, das von 1911-1913 entstand, polarisiert seit seinen Anfängen und gab auch in der Seminargruppe Anlass zur Diskussion.
Schließlich nahm die Gruppe bei beißender Kälte den Weg auf den Georgenberg in Mauer auf sich, um die Kirche zur Heiligen Dreifaltigkeit, ein bekanntes Werk des Bildhauers Fritz Wotruba in Zusammenarbeit mit dem Architekten Fritz Gerhard Mayr in Augenschein zu nehmen. Besonders die winterliche Abendstimmung ließ den gewagten Bau aus vertikal aufgeschichteten grauen Blöcken zwischen schwarzem Himmel und Schneedecke als krönenden Abschluss erscheinen. Der gerade von einer feiernden Gemeinde gebrauchte Innenraum zeichnet sich durch seine eindrucksvolle Schlichtheit und die ansprechende Mitgestaltung durch die Mitglieder der Kirchengemeinde aus, der auch ein Gemeinschaftsraum in der Krypta zur Verfügung steht. Innen- und Außenraum sind durch die unregelmäßige Architektur und zahlreiche klare Glasfenster verwoben, wie auch die Kirche an der Schwelle zwischen Stadt und ihrer Grenze steht.
Nachdem wir ausführlich Auskunft über Geschichte und Gegenwart der Wotruba-Kirche von einem zufällig angetroffenen Experten erhalten hatten, trat die Gruppe wieder die Rückreise an, die schließlich bei einem gemütlichen Ausklang in einem Lokal am Maurer Hauptplatz ihr Ende fand.